Fast 30 Jahre lebe ich nun schon mit Katzen zusammen. Nun ist ein Hund in unser Familiensystem gekommen. Irgendwie fühlt sich das Zusammleben mit Hund und Katz sehr stimmig an. Als ich über die Bedeutung beider Tiere auf Beziehungsebene nachsinnte, kam mir eine Einsicht.
Die Katze repräsentiert eher den Aspekt der Unabhängigkeit in Beziehung. Der Hund hingegen ist viel mehr auf den Mensch ausgerichtet und steht eher für Bindungsnähe. Eine gute Balance zwischen Unabhängigkeit und Nähe im ZusammenSein, etwa mit einem Partner, Kindern oder Freunden zu finden, führt zu harmonischen Beziehungen. Jeder braucht seinen Freiraum, in dem er ganz seinen inneren Impulsen lauschen und einen tieferen Kontakt mit sich selbst pflegen kann. Sich mal nicht auf Andere beziehen zu müssen entspannt. Entspannung regeneriert und macht offen für einen neuen Austausch. Gleichwohl braucht es in Beziehungen das liebevolle Zugeneigtsein. Das Interesse und die Offenheit in der Begegenung, wo das WIR im Vordergrund steht. Nach meiner Beobachtung schaukelt eine Beziehung in diesem Spannungsfeld zwischen Nähe und Distanz hin und her. Wie stark die Bindungstendenz zu einem Ich oder Wir hin geprägt ist, hat etwas mit zu Grunde liegenden Bedürfnissen zu tun. Das Bedürfnis etwa nach Anerkennung, Verständnis, Liebe und Unterstützung aber auch Freiheit, Ehrlichkeit und Alleinsein. Aus meiner Sicht könnte es zur Entspannung in Beziehungen führen, wenn man sich über die gegenseitigen Bedürfnisse wohlwollend austauscht. Das ist ein ständiger Prozess, den Bedürfnisse können sich ändern. So ist das Befürfnis eines jungen Kindes nach Aufmeksamkeit von der Mutter deutlich stärker ausgeprägt als später in der Pubertät.
Nach meiner Beobachtung kann es gelingen, dass es immer wieder Phasen in der Beziehung zu einem Menschen gibt, wo das Pendel zwischen Nähe und Distanz sehr ausgewogen ist. Entweder wird er Ausgleich erreicht, indem es Zeiten gibt, wo entweder Nähe oder Distanz gelebt wird und dadurch unterm Strich der Ausgleich zustande kommt. Der stimmigere Zustand ist nach meiner Meinung jedoch dann erreicht, wenn beide Aspekte zeitgleich gelebt werden. Also, wenn Du ganz verbunden mit Dir selbst bist und aus dieser Mitte heraus in Verbindung mit deinen Mitmenschen gehst. In einem Zustand von sowohl-als-auch weitet sich die Perspektive und das Bewusstsein. Konkret bist Du beispielsweise in einem Raum mit einem geliebten Menschen, ihr interagiert und während Du dich liebevoll dem anderen Menschen zuwendest, nimmst Du eine stille Präsenz in Dir zeitgleich wahr. Wie der Urgrund oder die Leinwand auf der die Beziehung in all ihren Farben und Formen Gestalt annimmt. Dann musst Du dich nicht mehr entscheiden zwischen Ich und Wir. Diese Aspekte sind miteinander verbunden und deine Bedürfnisse in einem größeren Maße befriedigt. Das schafft Zufriedenheit und wenn man diesen Zustand von sowohl-als-auch mit einem Menschen aus Augenhöhe teilen kann, dann ist das eine gute Basis für eine glückliche Beziehung.

